Erstellt von: Eder Ernst am 22.07.2018
16. Tenzing Hillary Everest Marathons
Am 29. Mai 2018 (dem 65. Jahrestag der Erstbesteigung des Mt. Everests) stand ich um 07:00 Uhr bei minus 8 Grad im Base Camp des Mount Everests auf einer Seehöhe von 5.364 m mit ca. 200 anderen „Verrückten“ am Start des „16. Tenzing Hillary Everest Marathons“. Dieser Marathon hatte außer der Distanz von 42,195 Kilometern mit einem herkömmlichen Marathon nichts gemein. Alleine der Anmarsch vom späteren Zielgelände auf einer Höhe von 3.440 m ausgehend bis zum Start dauerte wegen der Akklimatisierung schon 12 Tage. Wir sollten also an einem Tag dieselbe Strecke bergab laufen wofür wir bergauf zwölf Tage benötigt hatten. Vom Start unmittelbar unterhalb des Khumbu-Eisbruchs (auch der Ausgangspunkt für die Gipfelbesteigungen des Mount Everests) ging´s über die ausgetretenen Pfade der Sherpas und Yaks in wildem Auf und Ab entlang von Gletschermoränen, Bachgräben, kleinen Almdörfern und buddhistischen Klöstern immer das wunderbare Panorama des Himalayas im Blick zum Zielort Namche Basar etwa 2.000 Höhenmeter tiefer. Etwa alle vier bis fünf Kilometer gab es hinlänglich bestückte Labestationen, bei der Halbmarathondistanz sogar eine wärmende Suppe und auch für ausreichende medizinische Versorgung entlang der Strecke war gesorgt. Das Wetter war tagsüber prächtig, erst gegen Abend setzte dann Regen und Schneetreiben ein.
Ich kam dann nach 13:15:00 Stunden schon bei Dunkelheit und ziemlich erschöpft, aber nicht als Letzter, ins Ziel. Der Sieger des Marathons, ein Nepalese, brauchte dafür lediglich 04:02:03 Stunden und der Sieger der Internationalen Klasse, übrigens ein Österreicher, schaffte die Distanz in 05:59:29 Stunden, also in weniger als der Hälfte meiner Zeit. Aufgrund meines offensichtlich bedauernswerten Allgemeinzustandes hat man mich sofort nach meinem Zieleinlauf ärztlich versorgt und ins Bett gesteckt. Ich musste mich nämlich rasch regenerieren, denn am nächsten Morgen waren ja bereits wieder sechs Stunden Weitermarsch angesagt.
Meine Erschöpfungszustände waren höchstwahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass ich wenige Tage vor dem Marathon auch noch den Island Peak (6.189 m) besteigen wollte. Das war dann wohl doch zu viel für einen „alten Mann“. Unsere Gruppe von insgesamt 14 Leuten ist also fünf Tage vor dem Marathon vom Basislager (ca. 5.100 m) des Island Peaks gegen Mitternacht aufgebrochen. Nach mehr als 5 Stunden Aufstieg auf eine Höhe von ca. 5.800 m standen wir dann vor einer ungefähr 250 Meter vertikal aufragenden Eiswand, die mittels Fixseilen zu durchsteigen gewesen wäre. Danach sollte noch ein Gletscher überquert werden und zuletzt auch noch ein längerer Gipfelgrat. Das Ganze hätte nach Schätzungen unserer Bergführer nochmals vier bis fünf Stunden in Anspruch genommen. Ich war schon ziemlich ausgelaugt, die Temperatur von minus 20 Grad und der aufkommende Schneesturm ermutigten mich auch nicht, sodass ich mich fürs Umkehren entschied. Außerdem war einige Tage später der Marathon, zu dem wir auch noch drei Tage hin marschieren mussten. Ich hätte es wahrscheinlich noch bis zum Gipfel geschafft, aber ich war mir nicht sicher, ob ich es auch noch zurück schaffe. Und von einer Seehöhe von über 6.000 m hinuntertransportiert zu werden, dass wäre nicht nur für mich sondern für die ganze Gruppe sehr belastend und auch gefährlich gewesen. Mit mir haben sich noch zwei andere Teilnehmer aus unserer Gruppe fürs Umkehren entschieden. Die anderen elf Leute der Gruppe haben den Gipfel erreicht und sind auch gesund wieder heruntergekommen.
Die Reise selbst war ein einzigartiges Erlebnis mit Erinnerungen und Bildern im Kopf, die mich für den Rest meines Lebens begleiten werden. Die Organisation und Betreuung vor Ort war vorbildlich, lediglich die Informationen vor Reiseantritt, besonders die Hinweise zum Besteigen des Island Peaks, sind noch ausbaufähig. Mit wenig oder keiner Bergerfahrung – so wie auf der Homepage vermerkt – wird das ganze Unternehmen doch ziemlich schwierig. Ich kann davon nur abraten.